Eine Schule, alle Chancen

Schule für Sekundarstufe 1

Besondere Art der Suchtprävention

Am Freitag, den 24.03.2023 gab es an der Leonardo da Vinci-Schule eine ganz besondere Art der Suchtprävention. Timo Schüsseler war zu Gast und erzählte eindrücklich von seiner Suchterkrankung. Seine Schilderungen gehen nah. Zu Beginn bereitet Timo (so möchte er genannt werden) alle mit folgenden Worten vor: „Was ich jetzt sage, meine ich Ernst. Wenn einer von euch merkt, dass ihm meine Erzählungen zu viel werden oder ihr euch damit nicht gut fühlt, dann geht kurz raus. Dann atmet ihr ein, zwei oder dreimal tief durch. Und dann kommt ihr bitte wieder rein“. Seiner Meinung nach ist es in Ordnung zunächst vor unangenehmen Sachen wegzulaufen. Doch Ziel sollte immer sein, sich mit genau diesen Situationen auseinanderzusetzen und einen Weg zu finden damit umgehen.

Dann erzählt er, von seinem ersten Bier mit 14 Jahren über den ersten Joint mit 16 Jahren und die Ausbildung zum Altenpfleger. Seine Familie äußerte die Sorge, dass er zu viel trinkt. Er ignorierte das. Irgendwann brach er den Kontakt zu ihnen ab. Er trank eben „nur“ sein Feierabendbier und am Wochenende eben mal „mehr“. Beruflich ging es für ihn zunächst bergauf. Er absolviert eine Ausbildung zum operationstechnischen Assistenten. Er arbeitet in der Unfall- und Neurochirurgie, hat viel Verantwortung. Oft geht es um Leben und Tod. Das „Feierabendbier“ blieb, „saufen“ bis zum Delirium am Wochenende. „Mein Kumpel hat sehr gut auf mich aufgepasst: Er hat immer aufgepasst, dass ich genug Alkohol zu trinken hatte. Das ist immer so lustig, wenn ich besoffen bin, dann rede ich immer lustige Sachen und mache immer so krasse Aktionen!“ sagt er. Irgendwann gab es Ausfälle bei der Arbeit-oft montags. Am Ende verlor er 2006 seinen Job. Daraufhin brachen alle Dämme. Er trinkt immer mehr. Irgendwann fällt ihm auf das er morgens zittert. Sein Hausarzt attestiert ihm eine Suchterkrankung. Zwischen 2006 und 2010 war er achtmal zur stationären Entgiftung. Sobald er zu Hause ist trinkt er weiter. Seine beste Freundin versucht ihm zu helfen, indem sie ihm für ihn einkauft, die Wohnung in Ordnung hält, die Ämtergänge für ihn erledigt. Irgendwann im Sommer 2010 gibt sie auf. Sie kann einfach nicht mehr. Timo ist ihr nicht böse, im Gegenteil. Er sagt, dass seine Freundin richtig gehandelt hat. Im September 2010 holen ihn dann Gesundheits-, Ordnungsamt und Rettungskräften aus seiner völlig verwahrlosten Wohnung. Im Krankenhaus wir er 12 Tage ins künstliche Koma versetzt. Während er im Koma ist, durchlebt er ein Multiorganversagen. Es hat dann so vier Monate gedauert, bis er einigermaßen am Rollator stehen, wieder ein bisschen sprechen, einen Löffel halten konnte. Langsam kämpft er sich zurück ins Leben. Heute ist er arbeitsunfähig und bezieht Rente. Deswegen ist es ihm ein dringendes Anliegen etwas zurückzugeben. Er schreibt seine Geschichte auf, veröffentlicht diese in dem Buch “Vom Nullpunkt in ein neues Leben” und fängt an in Schulen Vorträge zu geben.

Durch seine Erzählungen will er auch deutlich machen, wie wichtig es ist zu sich selbst zu stehen. Sei so, wie du bist. Versuch alle deine Gefühle so wahrzunehmen, wie sie sind. „Du bist genauso richtig, wie du bist“.

»Man kann immer vor unangenehmen Sachen weglaufen. Das ist auch in Ordnung und erstmal nicht schlimm. Aber man muss auch lernen, sich mit solchen Situationen auseinanderzusetzen und damit umzugehen.«

Timo Schüsseler

Foto: Larissa Bröhl
Text: Eva Neuhoff-Kreft

 

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